Samstag, 12. April 2008

Die neoliberale Privatpolizei kommt! [UPDATE]

"Mit der Mehrheit der großen Koalition hat der Bundestag am heutigen Freitag den umstrittenen Regierungsentwurf für ein Gesetz zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte mit den Änderungen aus dem Rechtsausschuss abgesegnet. Die Opposition stimmte geschlossen gegen das Vorhaben. Rechteinhaber erhalten damit erstmals einen Auskunftsanspruch gegen an Rechtsverstößen unbeteiligte Dritte wie Internetprovider. So soll es einfacher werden, die Identität möglicher Rechtsverletzer etwa in Tauschbörsen aufzudecken."
Quelle: heise.de

Kaum zu glauben! Private Firmen können jetzt ohne weiteres und einfach so, per Behauptung, an private Nutzerdaten kommen.

Soll das noch ein Rechtsstaat sein? Der Willkür werden Tür und Tor geöffnet! Immer mehr zählen rein die privaten Wirtschaftsinteressen und Bürgerrechte werden nach und nach abgebaut. Nun fehlen kaum noch Schritte, bis man gleich von den Firmen auch direkt bestraft/verurteilt wird.

In einigen Quellen im Netz wird behauptet, es gäbe noch einen Richtervorbehalt, die Firmen könnten nur nach richterlichem Beschluss an die Daten. Das ist falsch. Im Gesetztext selbst wird das in fast allen Fällen nicht gefordert. Auch ist die Betonung, man könnte das neue Gesetz generell nur bei großen Fällen mit kommerziellem Wesen verwenden inkorrekt. Faktisch gilt es immer und für bzw. gegen jeden, gegen den man einfach behauptet, er habe was getan. Wieder ein großer Schritt gegen die Demokratie. Das Gesetz wird sowieso mit der Zeit, wie immer bei sowas, aufgeweicht werden und dann noch viel einfacher nutzbar.

Update:
Mehr Details zum Gesetz (PDF/bundestag.de) mit Zitaten aus dem Gesetz selbst.

Kommentar zu §140b: "Von der Schaffung eines allgemeinen Richtervorbehalts sieht der vorliegende Entwurf jedoch aus mehreren Gründen ab. Wegen einer Vielzahl von zu erwartenden Auskunftsbegehren würde ein solcher Richtervorbehalt zu einer sehr hohen Belastung der Gerichte führen."

Seite 55: "Der vorgesehene Richtervorbehalt ist abzulehnen. Er ist dem deutschen Zivilprozess fremd, belastet die Gerichte in hohem Maße und bürdet den Verletzten erhebliche Kosten auf. Im Regelfall, wenn sich die Auskunft auf den Namen des Endgerätenutzers bezieht, dem eine konkrete IP-Adresse zugeteilt war, ist er nicht erforderlich."

Klarer geht es nicht! Die neoliberalen Träume werden wahr! Der Umweg über gekaufte Politiker oder Richter ist gar nicht erst mehr nötig. Der erste riesen Schritt zur direkten Übernahme der eigentlich staatlichen (und neutral zu überwachenden) Macht. Diese wird in private, rein subjektive, auf ihren Eigennutzen bedachte, Hände gelegt. Keine Richter, keine Staatsgewalt mehr, die zuerst die Richtigkeit sowie Angaben und Behauptungen der Vorwürfe überprüft.

Woher stammt die Idee des Schutzes geistigen Eigentums überhaupt? Aus faschistischem Macht-, Kontroll- und Regulierungswahn! Einer der größten Interessensverreter und der älteste: "Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) ist der Weltverband der Phonoindustrie. Er wurde 1933 in Rom, während der faschistischen Herrschaft von Benito Mussolini, von Firmen, die hauptsächlich General Electric aus den Vereinigten Staaten von Amerika gehörten oder von denselben kontrolliert wurden, gegründet." Quelle: de.wikipedia.org

Aus der Zeit stammen auch fast alle sonst noch so störenden und bürokratischen Gesetze gegen die Bürger und zum Schutz von Interessens- und Berufsgruppen gegen Konkurrenz. Für wen agieren unsere Politiker? Für Konzerne und andere kleine Einflußgruppen und gegen die Bürger?

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